Frankfurt, 17. Oktober 2014
Der IDW hat mit IDW ES 11 den Entwurf eines Standards zur Beurteilung der Zahlungsunfähigkeit veröffentlicht. Diskussionspunkte sind dabei unter anderem, ob eine zwar geringfügige, aber dauerhafte Liquiditätslücke den Gang zum Insolvenzgericht erfordert und auch ob künftig fällig werdende Verbindlichkeiten bei der Beurteilung der Zahlungsunfähigkeit zu berücksichtigen sind.
Insolvenzeröffnungsgründe sind:
– Zahlungsunfähigkeit, § 17 InsO
– Drohende Zahlungsunfähigkeit, § 18 InsO
– Überschuldung, § 19 InsO
Natürliche Personen und nicht haftungsbeschränkte Personengesellschaften haben bei Zahlungsunfähigkeit das Recht, einen Insolvenzantrag zu stellen.
Juristische Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit i.S.v. § 15a Absatz 1 und 2 InsO hingegen, haben die Pflicht bei Zahlungsunfähigkeit, einen Insolvenzantrag zu stellen. Der Antrag ist ohne schuldhaftes zögern zu stellen. Das Gesetz füllt diesen unbestimmten Rechtsbegriff mit einer Frist von drei Wochen, § 15a Absatz 1 Satz 1 InsO.
Daher müssen gesetzliche Vertreter stets erkennen können, wann Hinweise für eine Insolvenzgefahr vorliegen. Fehlt ihnen dazu der notwendige Sachverstand, so müssen sie den Rat eines unabhängigen Fachmanns, wie einem Rechtsanwalt oder Wirtschaftsprüfer einholen.
Beurteilung der Insolvenzeröffnungsgründe
Nach § 17 Absatz 2 InsO ist ein Schuldner zahlungsunfähig, wenn ihm zum Beurteilungszeitpunkt nicht ausreichend Liquidität zur Verfügung steht, um seine Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen.
Nach § 17 Absatz 2 Satz 2 InsO ist Zahlungsunfähigkeit anzunehmen, wenn der Schuldner wegen eines Mangels an Zahlungsmitteln aufhört, seine fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen, und dies für die beteiligten Verkehrskreise erkennbar geworden ist.
Ein solcher Liquiditätsengpass ist von einer Zahlungsstockung abzugrenzen. Eine Zahlungsstockung soll vorliegen, wenn der Liquiditätsengpass nur vorübergehender Natur ist. Dann ist jedenfalls kein Insolvenzeröffnungsgrund gegeben.
Wann von nur einer vorübergehenden und geringfügigen Liquiditätslücke auszugehen ist, ist umstritten. Eine Auffassung vertritt, dass bis zu der Schwelle von 10%, selbst bei dauerhaftem Vorliegen eine Liquiditätslücke unschädlich ist. Eine andere Auffassung, darunter auch der IDW ES 11 geht von einer restriktiveren Auffassung aus.
Zur Beurteilung der Zahlungsunfähigkeit wird dabei folgendes Vorgehen vorgebracht.
1. Aufstellen eines Finanzstatus
Ergibt sich aus einer Gesamtschau der vorliegenden Indizien, dass bereits eine Zahlungseinstellung und somit eine Zahlungsunfähigkeit vorliegt, bedarf es der nachfolgenden Schritte (Erstellung eines Finanzstatus und eines Finanzplans zur Ermittlung der 10% Schwelle) nicht mehr. Der Insolvenzantrag ist unverzüglich zu stellen.
2. Ergebnis Liquiditätslücke?
>> Zur Ermittlung der 10%- Grenze
Finanzplan aufstellen, d.h. Zahlungsmittelabflüsse und –zuflüsse sind für die folgenden drei Wochen gegenüberzustellen; bei den Abflüssen sind bereits bestehende und im Planungszeitraum entstehende Verpflichtungen entsprechend ihrer Fälligkeit zu berücksichtigen.
a) Liquiditätslücke nach Drei-Wochen- Zeitraum noch vorhanden, aber <10% der fälligen Verbindlichkeiten?
à dann muss in einer Prognose die weit überwiegende Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass die Lücke binnen drei bis sechs Monate vollständig geschlossen wird. Kann dies nicht prognostiziert werden, liegt Zahlungsunfähigkeit vor. Der IDW akzeptiert folglich keine dauerhaften Liquiditätslücken, auch nicht wenn diese bei beispielsweise nur 3% liegt.
b) Liquiditätslücke nach Drei- Wochen-Zeitraum noch vorhanden, aber >10% der fälligen Verbindlichkeiten?
à dann ist es erforderlich, dass z.B. geplante Sanierungsmaßnahmen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu Liquiditätszuflüssen führen, das Zuwarten den Gläubigern nach den Umständen des Einzelfalls zumutbar ist.