Oliver Krautscheid: Vorsätzliche vorvertragliche Pflichtverletzung als Haftungsfalle beim Unternehmenskauf

Frankfurt, 11. Oktober 2014


In Unternehmenskaufverträgen werden gesetzliche Ansprüche bezüglich der Haftung in der Regel ausgeschlossen. Gemäß § 276 Absatz 3 BGB kann die Haftung für vorsätzliches Handeln dagegen nicht ausgeschlossen werden.

Kernpunkt der Streitigkeiten der Parteien eines Schieds- oder Gerichtsverfahren nach Abschluss einer M&A Transaktion, ist regelmäßig der bewusste Verstoß des Verkäufers gegen Aufklärungspflichten während der Vertragsverhandlung. Aufgrund dem aus § 276 Absatz 3 BGB resultierendem Verbot in Unternehmenskaufverträgen, die Haftung für Vorsatz auszuschließen, ergibt sich eine Einstandspflicht des Verkäufers für vorsätzliche Falschangaben und eine unzureichende Offenlegung kritischer Informationen. Durch diesen Umstand kann die Haftung aus vorsätzlicher c.i.c. die von den Parteien verhandelte Risikoverteilung aus der Unternehmensveräußerung in entscheidenden Punkten unterlaufen.
Das vertragliche Haftungssystem wird für den Verkäufer vorsehen, dass diejenigen Risiken, für die er in Haftung genommen werden kann, sowohl inhaltlich als auch der Höhe nach klar eingegrenzt sind. In der Praxis wird sogar bei mehreren möglichen Erwerbern des Zielunternehmens, derjenige den Zuschlag bekommen, der zwar nicht den nominell höchsten Preis bietet, aber dafür mit einer inhaltlichen oder der Höhe nach stärker eingeschränkten Haftung des Verkäufers einverstanden ist.

Beim Unternehmenskaufvertrag stehen Kaufpreis und Haftungsrisiko in einer wechselseitigen Abhängigkeit und müssen vertraglich ausbalanciert werden. Ein faires Ergebnis ist aus Sicht beider Parteien eines der wichtigsten Gestaltungsziele, das sich durch eine Vielzahl an Vertragsklauseln zu Haftungsausschlüssen und –tatbeständen ausdrückt. Dem Käufer ist es während der Vertragsgestaltung ein besonders hohes Anliegen, kaufpreisrelevante Probleme aufzudecken, die entweder eine Kaufpreisminderung oder zumindest eine vertragliche Risikoübernahme durch den Verkäufern begründen.

Die Geltendmachung von Ansprüchen aus vorsätzlicher c.i.c ist für den Käufer eines Unternehmens nicht leicht, denn er muss eine Vielzahl von Anspruchsvoraussetzungen nachweisen. Ihn trifft die Beweislast für deren Vorliegen. Im Wesentlichen muss der Käufer nachweisen, dass (1) ein vorvertragliches Schuldverhältnis zwischen ihm und dem Verkäufer besteht, (2) der Verkäufer ihm gegenüber eine Pflicht aus diesem Schuldverhältnis verletzt hat und dies (3) vorsätzlich und dem Käufer dadurch (4) ein adäquat kausal verursachter Schaden entstanden ist.
Bezüglich des Anspruchs muss der Käufer zunächst nicht den Vorsatz des Verkäufers beweisen, sondern der Verkäufer muss sich aufgrund von § 280 Absatz 1 Satz 2 BGB exkulpieren, indem er darlegt und beweist, dass die Pflichtverletzung, wie Falschinformation oder pflichtwidriges Verschweigen, nicht vorsätzlich begangen hat. Wenn der Verkäufer die Pflichtverletzung nur fahrlässig begangen hat, schließt dies den Anspruch aufgrund vertraglichen Haftungsausschlusses im Regelfall aus.

Von weiterer erheblicher Bedeutung in diesem Zusammenhang sind Fragen nach dem Mitverschulden des Käufers nach § 254 BGB, die dazu führen, dass der Anspruch des Käufers in der Höhe seines Mitverschuldens gemindert oder sogar völlig ausgeschlossen wird.
Vor dem Closing der Transaktion stellt sich stets die Frage, ob der Käufer den ihm entstandenen Schaden nicht dadurch hätte abwenden oder reduzieren können, indem er die relevanten Themen im Rahmen seiner Due Diligence intensiver untersucht hätte. Wenn man Anhaltspunkte für eine vertiefte Prüfung rechtfertigende Untersuchungspflicht findet, wird das Unterlassen einer solchen Prüfung nicht ohne Auswirkungen auf die Offenlegungspflichten des Käufers bleiben können.
Nach einem Closing der Transaktion kommt ein Mitverschulden des Käufers vor allem dann in Betracht, wenn eigene Maßnahmen des Käufers oder Maßnahmen auf Veranlassung des Käufers den Schaden erst herbeiführen oder den Schadensumfang erhöhen. Unternehmenskaufverträge enthalten regelmäßig Regelungen, die bei einem solchen Verhalten des Käufers das Bestehen von Schadenersatzansprüchen ausschließen oder jedenfalls auf den Schaden beschränken, der auch ohne das Handeln des Käufers eingetreten wäre. Es wird in diesem Zusammenhang vertreten, dass derartige Regelungen nicht an § 276 Absatz 3 BGB zu messen sind, da sie nicht die Haftung für vorsätzliches Verhalten des Verkäufers begrenzen und für c.i.c Ansprüche des Käufers entsprechend oder zumindest im Rahmen der Mitverschuldenshaftung zu berücksichtigen sind.

Für die Praxis des Unternehmenskaufs empfiehlt sich auf die beschriebenen Risiken in allen Phasen zu achten und ihnen Rechnung zu tragen, dies betrifft sowohl die Ausgestaltung des Verkaufsverfahrens, z. B. bei der Planung und Durchführung der Due Diligence, als auch die Vertragsgestaltung.

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