Oliver Krautscheid: Haftungsrisiken für Finanzinvestoren durch Kartellverstöße bei Tochtergesellschaften

Frankfurt, 3. Oktober 2014


Mit der Entscheidung der EU-Kommission am 2.4.2014 wurden Bußgelder in Höhe von 302 Mio. € gegen elf Hersteller von Hochspannungsleitungen, wegen des Bestehens des sog. Power-Cable- Kartells verhängt. Unter den betroffenen Unternehmen befindet sich der französische Hersteller Prysmian, die Pirelli- Gruppe und Goldman Sachs, die in der Vergangenheit Gesellschafter eines kartellbeteiligten Unternehmens waren. Goldman Sachs hat gegen die Verhängung des Bußgeldes Nichtigkeitsklage vor dem EuGH erhoben. Die Klage ist derzeit noch abhängig.
Durch die Entscheidung stellt sich für Investmentgesellschaften die Frage, ob sie für Kartellverstöße von Tochterunternehmen haften, auch wenn sie nur eine reine Finanzbeteiligung halten.
Die Kommission legt bei ihrer Bußgeldzumessung den allgemeinen wettbewerbsrechtlichen und weiten Unternehmensbegriff zugrunde. Danach ist für Kartellverstöße das unmittelbar handelnde Unternehmen verantwortlich, aber auch jeder Gesellschafter, dem die Handlungen des Unternehmens zuzurechnen sind. Diese Zurechnung richtet sich grds. nach den generellen Einflussmöglichkeiten des Gesellschafters auf das Beteiligungsunternehmen.
Bei einer 100%-Beteiligungen wird stets vermutet, dass ein solcher Einfluss besteht und auch tatsächlich ausgeübt wird (so bereits in EuGH C-97/08). Gleiches gilt für Beteiligungen, die nahe an die 100% herankommen. Eine Widerlegung der Vermutung ist sehr selten in der Praxis. Bei Beteiligungen mit deutlich weniger als 100% können Muttergesellschaften dennoch für einen Kartellverstoß der Tochter haftbar sein, wenn sie einen entscheidenden Einfluss auf diese haben. Ist die Tochter folglich nicht unabhängig wird zugerechnet. Mit der Entscheidung der Kommission soll Gleiches eben auch bei reinen Finanzbeteiligungen gelten.
Für einen (Finanz-)Investor kann es folglich teuer werden, die Kontrolle über ein Unternehmen zu erwerben, das an Kartellverstößen beteiligt ist. Er haftet selbst für Bußgelder und ggf. Schadensersatz, wenn sich das rechtswidrige Verhalten unter dem neuen Eigentümer fortsetzt, unabhängig davon ob er Kenntnis von den konkreten Verstößen hat oder nicht. Auch ein späterer Weiterverkauf des Unternehmens wirkt nicht haftungsbefreiend. Denn die Haftung geht im Allgemeinen nicht auf den Erwerber über. (Finanz-) Investoren können sich nur mit einer sorgfältige Due Diligence schützen, die möglichst noch vor Beginn des Investments, die unternehmerische Kontrolle gründlich durchleuchtet. Oft sind Kartellverstöße im Rahmen einer Due-Diligence jedoch nicht feststellbar, weshalb sich empfiehlt nach dem Erwerb oder eines Weiterverkaufs regelmäßig ein interner Audit durchzuführen, um Kartellverstöße aufzuspüren.
Bei den vertraglichen Regelungen sollte bezüglich den kartellrechtlichen Bußgeldrisiken, der bisherigen Eigentümer das Risiko obliegen. Bei einem Weiterverkauf sollte geregelt sein, dass ein Innenausgleich zwischen Verkäufer und früherer Tochtergesellschaft vereinbart wird.

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