Frankfurt, 28. August 2014
Compliance Haftung – Compliance Officer, Vorstand und Aufsichtsrat
Immer aktueller wird das Thema der Errichtung einer Compliance- Abteilung. Dies wir nicht zuletzt durch die vermehrte Rechtsprechung deutlich, zuletzt durch die höchstrichterliche Rechtsprechung des VI. Zivilsenats des BGH vom 10.7.2012. Das Haftungsrisiko für Compliance Officer, Vorstand und Aufsichtsrat ist nach wie vor hoch. Haftungsrisiken sind denkbar im: Strafrecht, Ordnungswidrigkeitenrecht und Zivilrecht.
Compliance Officer
Die Verhinderung rechtwidrigen Verhaltens schützt das Unternehmen und verringert Haftungsrisiken, weshalb Unternehmer vermehrt einen Compliance Officer einsetzen. Dieser ist dann für die Überwachung des Unternehmens im Hinblick auf Compliance Verstoße zuständig.
Die Strafrechtliche Haftung des Compliance Officers knüpft an dessen Garantenstellung an. Garantenstellung ist die strafrechtliche Einstandspflicht bei unechten Unterlassungsdelikten, also solche Straftatbestände, die ein Unterlassen zwar nicht als Tatbestandsmerkmal voraussetzen, der Täter aber bei zusätzlichem Vorliegen der Voraussetzungen von § 13 StGB begehen kann, wenn er etwas unterlässt. Um Unterlassen dem handeln gleichstellen zu können, verlangt § 13 StGB, dass es dem Täter möglich und zumutbar sein muss, den strafrechtlichen Erfolg zu verhindern, dass das Unterlassen einem Tun entspricht und eine Garantenstellung besteht. Im obiter dictum der Entscheidung des 5. Strafsenats des BGH vom 17.7.2009, stellte das Gericht fest, dass ein Compliance Officer aufgrund seiner Stellung im Unternehmen eine Garantenstellung innehat und unechte Unterlassungsdelikte begehen könne. Diese Garantenstellung, so der BGH, bestehe jedenfalls im Innenverhältnis zum Unternehmen, dieses vor dem strafrechtlichen Erfolg zu bewahren. Es gehört zum Aufgabengebiet eines Compliance Officers, Rechtsverstöße und insbesondere Straftaten zu verhindern, die aus dem Unternehmen heraus begangen werden und diesem erhebliche Nachteile durch Haftungsrisiken oder Ansehensverlust bringen können. Die Haftung des Compliance Officers tritt nicht nur bei betriebsbezogenen Straftaten durch Mitarbeiter des Unternehmens gegenüber ein (Innenhaftung), sondern auch gegenüber Dritten (Außenhaftung). Die Straftaten dürfen nicht nur bei Gelegenheit erfolgt sein und müssen einen inneren Bezug zur Tätigkeit aufweisen. Eingeschränkt wird die Haftung mit dem Erfordernis des Vorsatzes, wobei dolus eventualis (bedingter Vorsatz) ausreicht. Nach der Rechtsprechung liegt Eventualvorsatz vor, wenn der Täter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt, aber trotzdem billigt. Dies setzt also voraus, dass der Compliance Officer zumindest Ahnung von dem zuwiderhandeln hat.
Um eine strafrechtliche Einstandspflicht zu vermeiden treffen den Compliance Officer gewisse handlungspflichten. Dies ist zum einen die Unterrichtungspflicht an die zuständige Stelle im Unternehmen, bei Pflichtwidrigkeiten und Straftaten von denen er Kenntnis erlangt. Erhält er Hinweise auf Verstöße hat er die Pflicht diesen nachzugehen und diese aufzuklären. Ob ihn darüber hinaus gehende Handlungspflichten treffen, hängt von seinem konkreten Aufgabenfeld ab.
In bußgeldrechtlicher Hinsicht kann der Compliance Officer nach § 130 Absatz 1 Satz 1 OWiG belangt werden. Die dafür erforderliche Aufsichtspflichtigkeit kann diesem gemäß § 9 II Nummer 2 OWiG treffen und muss festgestellt werden. Die Haftung diesbezüglich betrifft alle betriebsbezogenen Taten kenntnisunabhängig. Dies ist eine Verschärfung gegenüber der strafrechtlichen Haftung. Gemäß § 130 Absatz 3 Satz 1 OWiG kann das Bußgeld bis zu 1 Million Euro betragen.
Aufgrund der dem Compliance Officer obliegenden Pflichten kommt weiter eine zivilrechtliche Haftung gegenüber dem eigenen Unternehmen (Innenhaftung) in Betracht, wobei diese durch die arbeitsrechtlichen Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs beschränkt werden. Im Außenverhältnis zu dritten bestehen unstreitig keine vertragliche Ansprüche, sodass allenfalls solche aus Delikt in Betracht kommen.
Vorstand
Der Vorstand, als Geschäftsleitung ist dafür verantwortlich, dass sich das Unternehmen und seine Mitarbeiter rechtstreu verhalten. In Bezug auf die strafrechtliche Einstandspflicht des Vorstandes, stellt sich die Frage ob dieser Garant ist und sich daher wegen Beihilfe durch Unterlassen strafbar machen kann, wenn er Kenntnis von betriebsbezogenen Straftaten seiner Mitarbeiter erlangt und keine Vorkehrungen gegen deren zukünftige Begehung trifft. Die Garantenstellung im Außenverhältnis wird von einer Ansicht mit der Begründung bejaht, dass die Unternehmensleitung kraft ihrer Organstellung die Pflicht trifft, Straftaten aus dem von ihr repräsentierten Unternehmen zu verhindern. Maßgeblich hierfür ist allerdings wider, dass das Zuwiderhandeln bei einer betriebsbezogenen Tätigkeit erfolgte und nicht lediglich bei Gelegenheit der Tätigkeit im Betrieb. Eine andere Auffassung lehnt eine Garantenstellung allein aus der Stellung als Geschäftsführer einer GmbH bzw. Mitglied des Vorstands einer AG ab, soweit das Vermögen außenstehender Dritter betroffen ist. Die Rechtsprechung ist hinsichtlich dieser Frage noch nicht eindeutig geklärt. Unzweifelhaft besteht aber die strafrechtliche Einstandspflicht gegenüber der Gesellschaft (Innenverhältnis). Begrenzt wird die Haftung durch das Erfordernis des Vorsatzes. Weiter besteht eine bußgeldrechtliche Haftung des Vorstandes, wenn Mitarbeiter des Unternehmens betriebsbezogene Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten begehen. Hätten sich die Taten durch ordnungsgemäße Aufsicht und Kontrolle verhindern lassen, haftet der Vorstand kenntnisunabhängig.
Aufsichtsrat
Der Aufsichtsrat ist Kontrollorgan und hat keine leitende Funktion im Unternehmen. Ihm fällt auch nicht die Aufgabe zu Compliance Organisationen zu errichten und bei der Aufklärung von Verdachtsmomenten Einfluss zu nehmen. Ist es ausnahmsweise in die Aufklärung von Rechtsverstößen im Unternehmen eingebunden, treffen ihn jedenfalls zivilrechtliche Haftungsrisiken. Hingegen trifft ihn keine strafrechtliche oder bußgeldrechtliche Haftung bei Zuwiderhandlungen von Mitarbeitern. Denn er ist regelmäßig weder vertretungsberechtigtes Organ einer AG, noch ein Leistungsorgan oder Geschäftsherr, weshalb auch die Grundsätze der strafrechtlichen Geschäftsherrenhaftung auf ihn keine Anwendung finden und ihn auch nicht § 130 Absatz 1 Satz 1 OWiG erfasst.