Frankfurt, 26. Oktober 2014
Der erste Leitsatz des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 9.4.2013 – VIII R 19/11 besagt, dass wenn ein Aufsichtsrat einer nicht börsennotierten AG an einer Maßnahme zum Bezug neuer Aktien teil nimmt, die nur Mitarbeitern und Aufsichtsratsmitgliedern der Gesellschaft eröffnet ist, und er die Option, die von ihm gezeichneten Aktien innerhalb einer bestimmten Frist zum Ausgabekurs an die Gesellschaft zurückzugeben hat, so erzielt er Einkünfte aus selbstständiger Arbeit, wenn er die unter dem Ausgabepreis notierenden Aktien innerhalb der vereinbarten Frist zum Ausgabepreis an die Gesellschaft zurückgibt.
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob aus dem Verkauf von 10.000 Aktien der F-AG im Jahr 2002 ein geldwerter Vorteil bei den Einkünften des Klägers aus selbstständiger Arbeit anzusetzen ist. Der Kläger war Mitglied des Aufsichtsrats einer nicht börsennotierten AG. In 2000 gab die AG im Zuge eines Mitarbeiterbeteiligungsprogramms neue Aktien aus. Zum Erwerb waren auch die Aufsichtsratsmitglieder berechtigt. A erwarb in 2000 insgesamt 10.000 Aktien zum Stückpreis von 11,50 €. Im Streitjahr (2002) machte er von der ihm eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, die Aktien zum Ausgabekurs an die AG zurückzugeben.
Das Finanzamt ermittelte im Rahmen einer Außenprüfung für den Zeitpunkt der Rückgabe einen unter dem Ausgabekurs liegenden Wert der Aktien (4 €) und setzte für A einen entsprechenden geldwerten Vorteil an. Gegen diese Veranlagung erhob A insoweit erfolgreich Widerspruch, als das FG einen höheren Wert für den Rückgabezeitpunkt annahm (6 €). Der geldwerte Vorteil belief sich dementsprechend auf insgesamt auf 55.000 €. Der BFH bestätigte das FG-Urteil. Die dagegen eingelegte Revision war unbegründet und wurde deshalb zurückgewiesen.
Zur Begründung führte das Gericht ferner auf, dass Mitglieder des Aufsichtsrats grundsätzlich selbstständig sind, auch wenn sie bestimmten Weisungen eines hinter ihnen stehenden Unternehmens unterliegen. Ihre Vergütungen sind daher keine Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, sondern nach § 18 Absatz 1 Nr. 3 EStG aus selbstständiger Tätigkeit, die durch Einnahme-Überschussrechnung ermittelt werden. Für die Erfassung der vergünstigten Überlassung von Aktien als geldwerter Vorteil gelten die gleichen Grundsätze, wie sie von der Rechtsprechung für die Erfassung als Arbeitslohn entwickelt wurden.
Wie bereits erwähnt hat das Aufsichtsratsmitglied einen geldwerten Vorteil von 5,50 € je Aktie erlangt. Der geldwerte Vorteil liegt im Ausgleich dieses Wertverlusts. Da die Möglichkeit der Rückübertragung neben Mitarbeitern nur den Aufsichtsratsmitgliedern offen stand, ist sie für A untrennbar mit seiner Eigenschaft als Aufsichtsratsmitglied verknüpft, so dass der Vorteil bei seinen Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit zu erfassen ist.