Oliver Krautscheid: Organhaftungsverfahren – Auskunftspflichten der AG

Frankfurt, 12. April 2015


Zwischen der Gesellschaft und dem D&O- Versicherer besteht, anders als zwischen der Gesellschaft und dem ausgeschiedenen Vorstandsmitglied, kein Treueverhältnis. Ein etwaiger Auskunftsanspruch ergibt sich aber aus dem Versicherungsvertrag in Verbindung mit den Regelungen des VVG.

Nach § 31 Absatz 1 Satz 1 VVG kann ein Versicherer nach dem Eintritt des Versicherungsfalles verlangen, dass der Versicherungsnehmer jede Auskunft erteilt wird, die zur Feststellung des Versicherungsfalles oder des Umfanges der Leistungspflicht des Versicherers erforderlich ist. Darüber hinaus kann der Versicherer nach § 31 Absatz 1 Satz 2 VVG Belege nur insoweit verlangen, als deren Beschaffung dem Versicherungsnehmer billigerweise zugemutet werden kann. Typischerweise wird das Anstellungsvertrag, Protokolle, Satzungen und Email-Verkehr betreffen. Absatz 2 ordnet an, dass dies auch für den versicherten Dritten gilt. Die Erfüllung dieser Obliegenheit ermöglicht dem Versicherer eine sachgerechte Entscheidung über die Frage der Regulierung zu treffen.

Die Parteien können mittels eine vertraglichen Regelung von § § 31 Absatz 1 Satz 1 VVG abweichen. Eine Abweichung von der Belegpflicht ist gemäß § 32 VVG zu Lasten des Versicherungsnehmers unzulässig.

Der Gegenstand der Auskünfte richtet sich nach dem Begehren des Versicherers. Er kann seine Informationen über einen vorgefertigten Fragenkatalog einholen oder eine eigenständige Schilderung verlangen. Der Versicherte ist aufgrund von Treu und Glauben dazu verpflichtet auch über solche Aspekte aufzuklären, die zwar nicht erfragt wurden, aber Bedeutung für den Versicherer haben und dies auch vom Versicherten erkannt wurde.

Praxisprobleme

Oft wird in der Praxis probiert die Kosten zur Erfüllung des Auskunftsanliegens auf den Versicherer abzuwälzen. Die Deckungsberatung durch die D&O- Versicherung ist jedoch nicht Gegenstand der Haftungsabwehr, sodass dieser nicht für die Kosten einzustehen hat.

Problematisch ist auch die Konstellation, in der das Betroffene Organmitglied ein Ausschluss des Versicherungsschutzes aufgrund ihm belastende Unterlagen fürchtet, welche gegebenenfalls sogar zu einer Strafbarkeit führen. Allerdings muss in diesem Fall der Regulierungsentscheidung des Versicherers Vorrang eingeräumt werden. Auch über solche entsprechend belastenden Sachverhalte sind die Unterlagen dem Versicherer offenzulegen.

Anders als dem Organmitglied, ist das Auskunftsrecht für solche Unterlagen, die nach dem Ausscheiden des Organmitglieds angefertigt wurden, wie z.B. ein Gutachten zur Ermittlung der Schadenshöhe, dem D&O- Versicherer nicht vorzuenthalten. Da dieser eine Regulierungsentscheidung treffen muss, die auch in der Befriedigung des Anspruchs besteht.

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